Ab in den Urlaub!
- Oskar Schuur
- Jul 12, 2024
- 4 min read
Updated: Jul 16, 2024
Deine Rechte als Fluggast in der EU
An den Unis gehen die letzten Prüfungen zu Ende und mit Freitag, dem 29. Juni bzw. dem 5. Juli 2024 gehen Österreichs Schüler*innen in die Sommerferien. Es ist also höchste Zeit für einen Urlaub – und der geht oft mit dem Flieger ins Ausland.
Dass beim Fliegen so ziemlich alles schiefgehen kann, was denkbar ist weiß jede*r, der/die öfters fliegt oder Murphys drittes Gesetz kennt.
Der Flug kann ausfallen, er kann in der Luft wegen Schlechtwetter an einen anderen Flughafen umgeleitet werden, er kann sich verspäten und dadurch zum Verpassen des Anschlussfluges führen, das Gepäck kann beschädigt werden oder verloren gehen, die Airline kann einem wegen Überbuchung die Mitreise verweigern, … die Liste der möglichen Probleme ist schier endlos.
In vielen Bereichen steht dem genervten Fluggast daher die EU-Fluggastrechteverordnung (im Folgenden: EU-FlgRVO) zur Seite. Sie garantiert EU-weite Mindeststandards bezüglich der Rechte der Fluggäste gegenüber ihrer Airline, wenn…
· … der Flug ausfällt (im Gesetzestext „Annullierung“) – v.a. Artikel 6 EU-FlgRVO,
· … der Flug verspätet ist – v.a. Art 5 EU-FlgRVO,
· … die Mitreise durch die Airline verweigert wird (im Gesetzestext „Nichtbeförderung“) – v.a. Art 4 EU-FlgRVO
· … oder der Fluggast sonstige Schäden erleidet (vgl. Art 12 EU-FlgRVO).
Das nützliche an der EU-FlgRVO ist erstens, dass sie in der gesamten EU gilt. Es ist somit egal, ob die Annullierung/die Verspätung/… in Spanien, Österreich, Deutschland oder in sonst einem anderen EU-Mitgliedsstaat eingetreten ist – die EU-FlgRVO gilt. Konkret gesagt greift der Schutz der EU-FlgRVO, wenn der betroffene Flug bei einem Flughafen in einem Mitgliedsstaat beginnt (oder zumindest vor Annullierung beginnen sollte). Wenn die betroffene Airline aus einem Mitgliedsstaat ist, gilt der Schutz sogar dann, wenn er in einem nicht-EU-Staat beginnt – solange der Flug in der EU landet (oder landen sollte). Gedeckt ist daher zum Beispiel ein Flug mit der…
· … AUA von Graz nach Wien,
· … AUA von Wien nach Frankfurt,
· … Korean Air von Wien nach Seoul,
· ... Ryanair von Wien nach Helsinki (obwohl die irische Ryanair ihre „Nationalität“ weder mit dem Start- noch mit dem Zielflughafen teilt) oder
· … ein Flug mit der Lufthansa von z.B. Zürich, London oder San Francisco nach München.
Nicht gedeckt wären allerdings aufgrund der oben dargestellten Regeln etwa ein Flug ein Flug mit der…
· … SWISS von Zürich nach Amsterdam – wobei hier freilich Argumentationsspielraum gegeben ist, da die SWISS eine Tochter der deutschen Lufthansa ist,
· … Ryanair von London nach Oslo,
· … Korean Air von Seoul nach Wien (obwohl das der Retourflug eines der obigen Beispiele wäre) oder
· … logischerweise – Air Canada von Toronto nach Tokio.
Die nächste für Fluggäste erfreuliche Wirkung der EU-FlgRVO, dass sie Schadenersatzansprüche gegen die Airlines pauschaliert. Das ist besonders nützlich, weil das dem betroffenen Fluggast die Schwierigkeit und das Prozessrisiko nimmt, einen durch die Verspätung/die Annullierung/… entstandenen Schaden – noch dazu in einer bestimmten Höhe – nachzuweisen. Dass der Fluggast in solchen Situationen einen Schaden zumindest ideell, etwa durch Ärgernis über die Verspätung erleidet ist eigentlich immer klar. Dank der EU-FlgRVO muss der Fluggast im Gerichtsprozess aber nicht einmal einen solchen Schaden beweisen: Die „Ausgleichsansprüche“ sowie sonstige Rechte gegen die Airline stehen ihm/ihr bereits zu, wenn bewiesen wird, dass er/sie auf dem betroffenen Flug gebucht war, dieser Flug ausfiel/sich verspätete/… etc.
Konkret gewährt die EU-FlgRVO in folgenden Situationen den betroffenen Fluggästen – vorbehaltlich Ausnahmen, auf die nicht näher einzugehen ist – unter anderem folgende Rechte:
Schadenersatz als sogenannter „Ausgleichsanspruch“ bei Annullierung, Nichtbeförderung und – dank der sogenannten „Sturgeon-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofs 2009 – unter Umständen auch bei Verspätungen, jeweils in Höhe von:
· € 250,00 pro Fluggast bei einer Flugstrecke unter 1.500km
· € 400,00 pro Fluggast bei
o Flügen innerhalb der EU über 1.500km
o allen anderen (von der EU-FlgRVO erfassten) Flügen über 3.500km
· € 600,00 pro Fluggast bei allen Flügen, die in den Geltungsbereich der EU-FlgRVO fallen und nicht bereits unter die oben genannten Punkte fallen.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Höhe dieser jeweiligen pauschalen Entschädigung um 50% zu kürzen. Sie kann auch gänzlich entfallen, etwa wenn die Airline den Fluggästen die Annullierung mindestens zwei Wochen vor Abflug bekanntmacht. Auf alle Kürzungs- oder Entfallsgründe einzugehen würde den Rahmen hier sprengen. Es ist daher sehr zu empfehlen, einen Anwalt/eine Anwältin herbeizuziehen, wenn die Airline nicht von sich aus zahlt. Dieser kann dann in jedem Einzelfall prüfen, ob und wie viel Entschädigung zusteht.
Weitere Fluggastrechte umfassen – je nach Fall und erfüllten Voraussetzungen – diverse „Unterstützungsleistungen“ (Ticketpreis zurück, anderweitige Beförderung, Unterkunft, Mahlzeiten – jeweils auf Kosten der Airline etc.).
Letztlich zu erwähnen ist noch Art 12 Abs 1 EU-FlgRVO:
Laut diesem gilt die EU-FlgRVO „unbeschadet eines weitergehenden Schadenersatzanspruches des Fluggastes“.
Fälle, die nicht von dieser Verordnung geregelt werden – etwa Gepäckverlust/-Beschädigung sowie andere Fälle von durch die Airline verursachten Schäden sind also nach allgemeinem Schadenersatzrecht zu beurteilen.
Ersatz für einen beschädigten Koffer gibt es also z.B. (nach österreichischem Recht) nur dann, wenn die Airline oder ihre Vertragspartner (outgesourctes Bodenpersonal, …) den Schaden am Koffer rechtswidrig und schuldhaft herbeigeführt haben.
Artikel 12 stellt aber auch klar, dass solche Schäden auf einen „Ausgleichsanspruch“ angerechnet werden können:
Muss ein Fluggast etwa wegen einer Verspätung für seine Verpflegung am Flughafen zB € 50 bezahlen, werden diese einfach in den Ausgleichsanspruch eingerechnet.
Der Ausgleichsanspruch inkludiert also Schäden, die der Fluggast wegen der Annullierung/Verspätung etc. erleidet und pauschaliert diese in Höhe der oben genannten Beträge.
In diesem Sinne – schöne Ferien und problemlose Reisen!
Und falls was passiert, weißt du jetzt etwas mehr über deine Rechte Bescheid.
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