Wahlrecht in Österreich
- Oskar Schuur

- Jun 4, 2024
- 3 min read
2024 ist in Österreich ein regelrechtes „Superwahljahr“. Kommenden Sonntag (09.06.) wählen wir das europäische Parlament. Als wohl wichtigstes Ereignis des „Superwahljahres“ steht die Nationalratswahl am 29.9.2024 an. Daneben wird (voraussichtlich im Herbst) in der Steiermark und Vorarlberg ein neuer Landtag gewählt. Der Termine hierfür stehen aber noch nicht fest.
Da also 2024 in Österreich besonders viel gewählt wird ist es empfehlenswert, besser zu verstehen, welche Grundsätze in Österreich die Wahlen regeln. Wir erklären euch das ganze am Beispiel der Nationalratswahl. Leichte Unterschiede gibt es jeweils bei der Europawahl und den Landtagswahlen, die folgenden Regeln gelten aber immer:
Wahlen in Österreich müssen
· Frei,
· Geheim,
· Unmittelbar,
· Persönlich,
· Gleich,
· Allgemein und
· Nach den Grundsätzen der Verhältniswahl
Sein bzw. ablaufen (siehe Artikel 26 des Bundes-Verfassungsgesetzes [B-VG]). Wie die Nationalratswahl zu funktionieren hat und welchen allgemeinen Regeln sie unterliegt steht neben dem B-VG auch in der Nationalratswahlordnung (NRWO) und im ersten Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (1. ZPEMRK).
Was bedeuten diese Grundsätze konkret?
· Freie Wahl: Durch die Wahl soll die freie Meinungsäußerung des Volkes ermöglicht werden: Der/die Wähler*in darf in seiner/ihrer Wahlfreiheit nicht beschränkt werden, Wahlwerbung darf nicht ohne Grund eingeschränkt werden, …
· Geheime Wahl: Der/die Wähler*in muss seine/ihre Stimme so abgeben können, dass niemand – weder die Stimmenauszähler, Wahlaufseher oder auch sonst irgendjemand weiß, wen er/sie gewählt hat. Die Heimlichkeit der Wahl ermöglicht also ihre Freiheit. Umgesetzt wird diese Vorschrift vor allem durch Wahlkabinen.
· Unmittelbare Wahl: Die Wähler sollen die Person oder Partei, die sie wählen wollen, selbst auswählen. Das bedeutet also ein Verbot eines Systems mit „Wahlmännern“ o.ä., wie es etwa aus den USA bekannt (und berüchtigt) ist.
· Persönliche Wahl: Der/die Wähler muss sein/ihre Stimme selbst abgeben. Nicht möglich ist also die Übertragung der eigenen Stimme auf eine andere Person. Ebenso wenig kann man sich bei einer Wahl vertreten lassen, also zB seinen Cousin schicken, der für einen selbst wählen soll.
· Gleiche Wahl: Jede Stimme muss gleich viel wert sein. So wäre etwa die Vergabe von mehreren Stimmen an Personen mit mehreren Wohnsitzen oder Eltern, die noch nicht wahlberechtigte Kinder haben, verboten. Ebenso dank diesem Prinzip unmöglich sind wieder mal die „Wahlmänner“ – bei den Wahlen in den USA kann man sehen, wie dieses System den Wert von Stimmen aus weniger dicht besiedelten Staaten erhöht und somit oft der Kandidat mit weniger Stimmen gewinnt.
· Allgemeine Wahl: Jede*r Staatsbürger*in darf wählen (aktives Wahlrecht) und darf sich wählen lassen (passives Wahlrecht). Dies gilt natürlich nur in Grenzen: Als Altersgrenzen gelten 16 Jahre für das aktive und 18 für das passive Wahlrecht. Nach schwerwiegenden Straftaten kann man auch vom Wahlrecht ausgeschlossen werden. Frauen dürfen in Österreich seit 1918 wählen, womit man im europa- und vor allem weltweiten Vergleich früh diesen entscheidenden Schritt gesetzt hat.
· Verhältniswahl: Alle politischen Kräfte (faktisch also Parteien) sollen im Parlament nach dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten sein. Wenn die Partei X 21% der Stimmen erhält, soll sie auch 21% der Sitze im Nationalrat erhalten. Zu 100% genau lassen sich die jeweiligen Prozente natürlich nicht abbilden, da der Nationalrat nur 183 Sitze zählt. Dennoch stellt das Verhältniswahlsystem die politischen Verhältnisse im Staat besser dar als das sogenannte Mehrheitswahlrecht, welches etwa in den USA oder Großbritannien bei der Mandatsverteilung angewendet wird.
Nachdem gewählt wurde, erteilt der Bundespräsident der stimmenstärksten Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung. Nach Koalitionsgesprächen wird eine Regierung gebildet, welche dann vom Bundespräsidenten angelobt wird. Bis zur nächsten Nationalratswahl dauert es dann fünf Jahre. Dabei wäre die derzeitige Regierung die aber die erste, die diese fünf Jahre auch zu Ende bringt.
Zum Schluss ist festzuhalten: Geht unbedingt wählen! Wer nicht wählt wird mathematisch so behandelt, als hätte er oder sie alle Parteien im Verhältnis ihrer Ergebnisse gewählt. Nichtwähler „wählen“ also zu 28% die FPÖ, zu 23% die SPÖ, zu 23% die ÖVP usw. (Zahlen aus der Umfrage der Kronen Zeitung zwischen 16. Und 27.5.2024) und geben damit ihre – individuell kleine aber gemeinsam große – Entscheidungsmöglichkeit aus der Hand.




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