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Was ist überhaupt ein Vertrag?

Viele haben beim Hören des Wortes „Vertrag“ lange Verhandlungen, große Haufen Dokumente und Unterschriften im Kopf. Dieses Klischee ist aber verfehlt, da wir alle jeden Tag Verträge abschließen. Was ist aber dann überhaupt ein Vertrag?

Die für Nichtjuristen etwas öde Definition eines Vertrags lautet „eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Personen, die für die Beteiligten konkrete Rechtsfolgen auslöst“[1].

Für das Zustandekommen dieser Einigung braucht es immer ein Angebot und eine Annahme desselben, zum Beispiel: „Ich verkaufe dir mein altes Fahrrad um € 50,00.“ (=Angebot) – „Ja passt.“ (=Annahme). In diesem Beispiel ist also ein Kaufvertrag über dieses spezifische alte Fahrrad zu einem Preis von € 50,00 zustande gekommen.

Die Annahme muss nicht einmal ausdrücklich (also durch Worte, Schrift, etc.) erfolgen, es reicht grundsätzlich schon sogenanntes „schlüssiges Verhalten“. Reagiert man etwa im Beispiel oben auf das Angebot, indem man seine Geldbörse zückt und aus dieser einen 50€-Schein zieht, wird dies als schlüssige Annahme des Angebots zu sehen sein, sofern der Anbietende diese Handlung auch wahrnimmt. Im obigen Beispiel wäre das zum Beispiel denkbar, wenn sich die Vertragsparteien beim Vertragsschluss gegenüberstehen und der Verkäufer sein Angebot mündlich ausgesprochen hat. Somit ist ein Kaufvertrag zustande gekommen, ohne dass der Käufer überhaupt ein Wort gesagt hat.

Auch Angebote können schlüssig gemacht werden, was etwa im Arbeitsrecht vorkommen kann: Denkbar ist dies etwa, wenn ein*e Arbeitgeber über längere Zeit hinweg mehr Entgelt an Arbeitnehmer auszahlt, als er laut Arbeitsvertrag müsste. Oft wird solches Verhalten als schlüssiges Angebot dafür gewertet, das Entgelt im jeweiligen Arbeitsvertrag zu erhöhen – unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer nicht daran zweifeln können, dass ihnen die erhöhte Bezahlung auch wirklich zusteht.

Oft schreibt das Gesetz aber vor, dass bestimmte Formen für den Schluss von Verträgen notwendig sind: So kann eine Ehe (auch diese ist rechtlich gesehen ein Vertrag) nur vor einem Standesbeamten geschlossen, ein Gesellschaftsvertrag für eine GmbH nur vor einem Notar abgeschlossen werden. Zweck solcher Formvorschriften ist meist der Schutz der Vertragsparteien vor Übereilung – sie sollen sich also nur nach ausreichender Überlegung oder sogar rechtlicher Belehrung entscheiden, einen Vertrag zu schließen. Die Schließung einer Ehe soll ja schließlich ein Leben lang wirken, die Gründung eines Unternehmens kann äußerst riskant sein.

Sobald Verträge geschlossen sind, kommt man grundsätzlich nicht mehr aus ihnen hinaus. Da man sich frei auf einen Vertragsschluss einlassen kann (oder auch nicht), soll man sich danach nicht mehr so leicht lösen können: Den Vertragsschluss hat man ja schließlich gewollt und der Vertragspartner soll darauf vertrauen können, dass der Vertrag erfüllt wird. Es gibt selbstverständlich viele rechtliche Möglichkeiten einseitig aus einem Vertrag „auszusteigen“. Dafür braucht es aber grundsätzlich immer einen guten Grund. Wenn sich alle Parteien einig sind, kann man aber wie und wann man will den jeweiligen Vertrag einvernehmlich beenden. Die einvernehmliche Beendigung ist dann als neuer Vertrag zu verstehen. Häufig ist dies etwa im Arbeitsrecht (einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses) oder im Eherecht (einvernehmliche Scheidung).

Wann schließen wir also im Alltag Verträge? Sehr oft, denn immer…

·       … wenn im Supermarkt an der Kasse die Waren gescannt und bezahlt werden,

·       … wenn ein Installateur, Elektriker, … ins Haus kommt um etwas zu reparieren,

·       … wenn man online essen bestellt,

·       … wenn man eine Öffi-Fahrkarte kauft,

·       … wenn man sein Spotify-Abo verlängert,

·       … wenn man sich für eine Gruppenarbeit an der Uni oder in der Schule zusammentut,

·       … etc. etc. etc.

gibt es zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien eine rechtlich relevante Einigung und somit einen Vertrag.


[1] Fast wortgleich etwa Bydlinski, Bürgerliches Recht, Allgemeiner Teil9, Verlag Österreich 2021

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